Knackig, köstlich, frisch: neue natürliche Parfums
Knackiges Gemüse, frische Kräuter – was uns schmeckt, liebt auch unsere Nase. Parfümeure rufen deshalb den Veggie-Trend für Duftnoten aus.
von Daniela Jambrek
26. Oktober 2023
© Tanja Ivanova / Getty Images
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Karotten, Kohlrabi und Kürbis? Als Duftnoten? Klingt erst einmal etwas eigenartig. Doch wenn es nach internationalen Parfümeuren geht, wächst tatsächlich bald ein ganzes Beet voller knackiger Gemüsesorten im Flakon.
Dazu kommen jede Menge frische Kräuter und Gewürze – das ist der zweite große Trend der Duftrichtungen und –entwicklungen, den die internationalen Künstler der Parfumkunst schon jetzt lieben, der aber noch gewaltig zunehmen wird.
„Im Moment arbeiten wir an neuen Akkorden von Gewürzen, die wir wahrscheinlich in rund zwei Jahren erleben können“, sagt zum Beispiel Lucas Sieuzac, Senior Parfümeur bei Eurofragance.
Gemüse und Obst auf der Hitliste für natürliche Parfums
Auf der ständigen Suche nach neuen Duftnoten und kreativen Duftrichtungen für die Kunst des Parfümeurhandwerks stehen „Veggies“ und „Spices“ nicht von ungefähr auf der Hitliste ganz oben:
Erstens vermitteln neue Parfums mit frischen Duftakkorden aus der Kräuter- und Gemüsewelt Natürlichkeit und Nachhaltigkeit und duften herrlich „organic“.
Und zweitens beeinflussen kulinarische Strömungen schon immer die Dufttrends. Es wird sich immer mehr vegetarisch oder sogar vegan ernährt, frisches Gemüse, saftiges Obst und wirksame Kräuter avancieren immer häufiger zu kulinarischen Stars.
Natürliche Parfums, die uns „schmecken“
Und was uns schmeckt, wird zuallerst von unserer Nase bestimmt! Riechen und Schmecken hängen unmittelbar und untrennbar zusammen. Aber dazu später mehr.
YBPN nimmt hier zunächst die Kräuter- und Gewürzspur natürlicher Parfums und ihrer überraschenden Duftnoten auf!
Seit Jahrhunderten werden Gewürze in der Parfumherstellung verwendet und geschätzt, sie durchdringen die Geschichte des Parfums bis zurück in die ägyptische Blütezeit.
In der modernen Parfumerie repräsentieren sie die wichtig(st)en Akkorde ikonischer Parfums, die damals wie heute in den Charts der Verkäufe ganz oben rangieren.
Natürliche Parfums mit Gewürznoten
Beste Beispiele: „Opium“ von Yves Saint Laurent aus dem Jahr 1977 mit ganz deutlichen Noten von Nelke und Zimt.
Und „Terre d’Hermes“ aus dem Jahr 2006, das mit schwarzem und rosa Pfeffer und Kardamom begeistert.
„Gewürze waren und sind Trend“, so Lucas Sieuzac, der im spanischen Headquarter von Eurofragrance in Barcelona seit dem Sommer regelmäßig „webinare“ gibt. „Aber jetzt entstehen zwei neue Familien bei den Gewürz- und Kräuternoten: auf der einen Seite „frisch“ und auf der anderen „warm“.
Zu „fresh spices“ gehören demnach beispielsweise Ingwer, weißer, rosa und schwarzer Pfeffer, Kardamom und Kurkuma.
Die „warm spices“ werden unter vielen anderen von Muskat, Zimt, Safran und Nelke repräsentiert.
Vorboten bzw. Verfechter dieser Kräuter- und Gewürzfrische gibt es natürlich auch schon auf unserem aktuellen Duftmarkt:
Allein in der Kollektion „Acqua Colonia“ von 4711 tummeln sich Koriander, Muskatnuss, Kardamom, Basilikum, rosa Pfeffer, Safran und Ingwer.
Auch Molton Brown hat längst – vor allem durch die überraschenden Kombinationen von Kräuter- bzw. Gemüsenoten – eine eingeschworene Fangemeinde, zum Beispiel in „Delicious Rhubarb Rose“ und „ Fiery Pink Pepper“.
Frische Parfums mit frischen Kräutern werden boomen
Lucas Sieuzac (er komponierte u.a. für Chopard, Davidoff, Givenchy, Giorgio Armani und ist immer wieder bei Amouage sehr erfolgreich, zum Beispiel mit „Ciel pour Femme“, „Jubilation 25 woman“, „Reflection Man“) sagt voraus, dass sich der Gewürztrend vor allem um die „fresh spice family“ drehen wird.
„Ich glaube, es wird sich alles um die Frische drehen; eine neue Frische durch frische Gewürze – weil wir in der Lage sind, die Naturzutaten auf saubere Art zu extrahieren, das bringt diese ‘new freshness‘ in das finale Parfüm“.
Beispiele sprießen bereits: So hat Parfümeur Fabrice Pellegrin für „Convivio“ und „Rinascimento“ aus der Herbst-Winter-Kollektion von Salvatore Ferragamo die Seele der Toskana eingefangen.
Dazu gehören unbedingt Zypressen und Bergamotte, klar, aber durch die Landschaft weht eben auch immer eine frische Welle aus Basilikum, grünem Pfeffer und Karottensamen.
Auch bei Trussardi wurden bereits die neuen Trends in der Kollektion „Le Vie di Milano“ verarbeitet:
In „I vicoli Via fiori chiari“ hat Parfumeur Pierre-Constantin Guérosre die Geschichte der alten Pflastersteine der Via, der Straße, rekonstruiert und fügte Gewürze wie Sternanis und Kardamom hinzu, um den Geruch von Glühwein nachzuahmen, der an einem typischen kalten und nebligen Tag in Mailands Straßen getrunken wurde.
Nicht umsonst werden Düfte dieser Art inzwischen auch als „edible“, als „essbar“, bezeichnet.
Forschungsergebnisse „Riechen und Schmecken"
Wie eng unsere beiden Sinne – das Riechen und das Schmecken – zusammenhängen, erforscht seit über 20 Jahren Deutschlands Zellphysiologe und Europas Geruchsforscher Nr. 1, Prof. Dr. Dr. Hanns Hatt u.a. an der Ruhr-Universiät Bochum.
Aus seinem Institut kommen stets die neuesten verblüffenden News zum Thema Riechen (und Schmecken):
Professor Hatt wies unter anderem nach, dass unsere Haut und auch andere Gewebe, wie unsere Nase, über Duftrezeptoren verfügen, die nicht im klassischen Sinne „riechen“, aber Duftstoffe erkennen können.
Ebenso bewies der „Riechexperte der Nation“ – wie er manchmal genannt wird – , dass natürliche Düfte uns heilen, verführen und manipulieren können, uns glücklicher, fröhlicher oder ruhiger stimmen können, sprich, unsere Stimmung beeinflussen können.
Dieses Phänomen funktioniert anatomisch so: Die menschliche Riechschleimhaut ist mit 15 Millionen Riechzellen ausgestattet – pro Nasenseite. In jeder dieser Zellen sitzen Riechrezeptoren, an die Duftmoleküle andocken.
Die Natur hat jeden Menschen mit 350 verschiedenen Rezeptoren ausgestattet, jeder spezialisiert auf einen bestimmten Duft.
Ein Duftmolekül passt zum Rezeptor wie ein Schlüssel zum Schloss. Allerdings kommt in jeder Riechsinneszelle immer nur eine Sorte Rezeptor vor, dafür tausende davon.
Kommt nun ein geliebtes Kürbisduftmolkül herangeweht, liest der Rezeptor diese Botschaft, vervielfältigt sie und veranlasst, dass Botenstoffe in der Riechzelle entstehen und einen elektrischen Impuls erzeugen.
Kurz gesagt: Meldung aus tausenden Zellen ans Gehirn bzw. das ganze System: „Yummie“!
Duftnoten sind auch in der Natur sehr komplex
Natürlich setzt sich der Duft bzw. setzen sich die Duftnoten von Trüffel, Basilikum, Steinpilzen, Tomaten oder Mangold aus unzähligen verschiedenen Molekülen zusammen.
Deshalb werden gleichzeitig unterschiedliche Rezeptoren, oder genauer, Riechzelltypen angesprochen und leiten die Impulse weiter, woraus dann das komplexe Signal entsteht: „Mmmmh, Lieblingskarottensuppe mit Ingwer. Wie bei Massimo in der Emilia Romagna“!
„From field to fragrance“ – natürliche Gemüseduftnoten sind gefragt!
Kürbis, Karotte, Koriander, Kohlrabi als Duftnoten in neuen Parfums? Klingt jetzt überaus einleuchtend, oder?
„Man kann schon erkennen, dass die Parfümeure sich mehr und mehr für Gemüsenoten und deren Duftnoten interessieren. Wir verwenden Früchte, Blüten, Gewürze und Hölzer, aber Gemüse noch sehr wenig in der Parfümerie.
Dabei ergeben sie einen außergewöhnlichen, ungeheuer knackig, köstlichen Eindruck“, so Experte Sieuzac.
Und ergänzt: „Wenn wir uns an Kräutern, Gewürzen und Gemüse bedienen, müssen wir gerade auf Nachhaltigkeit und lokale Herkunft achten. Wer meint, er kann noch arbeiten und konsumieren, ohne sich darum zu scheren, wo etwas herkommt, der ist auf dem falschen Weg.“
Also: Frisch und neugierig auf zum lokalen Gemüse-Duft-Markt: die YBPN Parfümerie! Dort könnt Ihr Euch auch von unserem digitalen Duftberater inspirieren lassen. Einfach den Lieblingsduft eingeben und überraschen lassen, welche neuen Dufterlebnisse wir für Euch bereithalten!