Süße Parfums - Honig als Duftnote
Magische Zutat aus der Natur: Honignoten verführen nicht nur mit ihrer Süße. Sie haben sogar sinnliche Züge. Love you, Honey!
von Daniela Jambrek
24. April 2024
© Mariia Margulis / Getty Images
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Als Paco Rabanne im September 2010 seinem umschwärmten „1 Million“-Mann eine überlegene Geliebte zur Seite stellte, glichen die Parfümerien wuselnden Bienenstöcken:
Wie von magischem Nektar angezogen, flogen die Ladys in Scharen auf den neuen Duft. Das Geschäft brummte und nach nur acht Monaten waren bereits fünf Millionen Flakons verkauft.
Die Parfümeure Anne Flipo, Béatrice Piquet und Dominique Ropion hatten einen Nerv getroffen:
Eine „narkotische, eine süchtig machende und furchtbar verführerische Süße, die verzaubert und alle Aufmerksamkeit erregt“ – so beschrieben sie selbst das Phänomen.
Man könnte auch einfach sagen: Honig! Und zwar dermaßen selbstbewusst eingesetzt, dass die Fans glaubten, Honig sei die alles bestimmende Hauptnote der „Lady Million“.
In Wahrheit ist er lediglich eine von 80 Ingredienzien und ausschließlich in der Basis aktiv. Aber tatsächlich: Nach dem Aufsprühen scheint noch nach Stunden eine honigsüße Fährte spürbar, schier tastbar auf der Haut zu verbleiben.
Auch heute noch ist das Honig Parfum „Lady Million“ ein Bestseller. Und kaum ein Duft kommt ohne Honignoten aus. Wir fliegen einfach drauf. Aber warum ist das so? Ist Honig unverzichtbar für uns?
Süße Parfums: Alle Kulturen verehren Honig
„Unsere erste Reaktion auf einen Geruch ist immer eine Emotion“, weiß G. Neil Martin, Neuropsychologe aus London und Autor von „Neuropsychology of Smell and Taste“.
„Der Geruchssinn ist stärker mit unseren Emotionen und Erinnerungen verknüpft, als alle anderen Sinne“. Doch Dr. Martin belegt auch, dass es nicht der Duft an sich, die Moleküle allein sein können, die Gefühle auslösen.
Sondern es ist vor allem unsere Prägung, die wir beim Riechen eines Duftes erfahren haben. Psychologisch: worauf wir beim Erleben eines Duftes konditioniert wurden.
Und kaum etwas – übrigens gilt das für und in allen Kulturen – ist emotional positiver besetzt als der kostbare goldene Stoff der Bienenvölker.
Positive Erinnerungen dank Honig Duftnoten
Seit unserer frühsten Kindheit lernen wir, dass Honig uns hilft, einzuschlafen und wohltuend bei Halsschmerzen ist.
Später hören und lesen wir Geschichten von einem gelobten Land, in dem Milch und Honig fließen, und nicht lange nach der Pubertät bekommt das Wort „Honeymoon“ eine enorme Bedeutung.
Romantische Naturen denken bei Honig an die Süße von Millionen von Blumen, die von Zehntausenden jungfräulicher Bienen gesammelt werden, die im Sommer im Bienenstock füreinander tanzen.
Andere haben es eher mit nüchternen Zahlen: Ein Pfund Honig ist das Lebenswerk von 300 Bienen. Eine ganze Kolonie hat etwa zwei Millionen Blüten angeflogen, bevor sie dieses eine kostbare Pfund zusammengesammelt hat.
Süße Parfums und fleißige Bienen
Seit den Anfängen der Menschheit haben Bienen symbolische Bedeutungen: Sie stehen für Gemeinschaft, Königtum, Harmonie und Spiritualität, ihr Nektar ist ein Symbol des Neubeginns und der Unsterblichkeit.
Die Honigbiene macht aus dem Nektar der Blumen einen Stoff für die Ewigkeit: Du kannst Honig über Jahrtausende aufbewahren und er verdirbt nicht.
In Georgien fand man die bisher ältesten Reste: etwa 5500 Jahre alt und immer noch essbar.
Und, genau, Bienen beziehungsweise der pheromonale Honig ist natürlich ein bekanntes Symbol für Sex! Denk nur an die Geschichte von „den Blumen und den Bienen“...
Süße Parfums mit Honig Aroma
Der Duft und Geschmack des Honigs kann so vielfältig sein wie die Blüten, deren Nektar die Biene gesammelt hat: süß und blumig wie bei Orangenblütenhonig, würzig, roh und sogar etwas animalisch bei Buchweizenhonig.
Aus Lavendelfeldern bringt er einen kampferartigen Duft mit, noch intensiver, wenn er von Eukalyptus- und Manuka-Bäumen aus Australien stammt.
Der bernsteinfarbene, dunkle Heidehonig ist voll von Wildtieraromen (zum Beispiel in „The Oud Affair“ von Vilhelm Parfumerie).
Harzige, leicht bittere Noten liefert Tannenhonig (in „Miel d’Arabie“ von Chopard). Auch Lindenhonig weist ein leicht holziges Geruchsprofil auf.
Und dann ist da noch der edle, fruchtig-feine Rosenhonig (in „Le Parfum“ von Elie Saab).
Honig und Honig absolue werden aber ebenso ihrer subtilen balsamischen Wirkung wegen verwendet. Dabei geht es weniger um den Eigengeruch als darum, zum Beispiel florale und Zitrusnoten zu verstärken.
Ebenso wird Honig – und übrigens auch der Bienenwachs – als Fixativ, als Partner für Haltbarkeit verwendet, und um Tiefe und Struktur einem (Honig-) Parfum zu verleihen.
Und natürlich auch, um in einem Honig Parfum Langlebigkeit zu erzeugen.
Bienenwachs trägt wie Honig den „Fingerabdruck“ der Blumen und des Lebens im Bienenstock mit sich.
Bienenwachs absolue (Absolue cire d'abeille) entwickelt erstaunlicherweise einen stärkeren Geruch als der Honig selbst, ist moschusartiger und animalischer.
Das liegt an der ungewöhnlich großen Menge natürlich vorkommender Phenylessigsäure.
Eine sehr, sehr kleine Menge genügt für eine große Wirkung: Nichts kann die Schönheit von Jasmin, Rosen und Ylang-Ylang so vereinen. Vor allem bei Guerlain hat das Tradition (in „Nahéma“ und „Champs-Elysées“).
Süße Parfums mit Honig veredeln den Alltag
Vordergründig verleihen Honignoten allen Düften eine Gourmet-Qualität, stehen für Süße und Haltbarkeit.
Auf der anderen Seite ist der sanfte, dekadente süße Duft, raffiniert verwendet, besonders als Kontrast zu strengeren Formeln, zum Beispiel zu Chypres, bezaubernd und dann auch besonders sinnlich.
Der Legende nach tauchte Amor seine goldenen Liebespfeile in Honig, um die Herzen der Menschen und Götter zu verführen.
Achte beim nächsten Dufttest in der Parfümerie mal darauf, in wie vielen sexy Düften ein würzig-süßes Herz schlägt! Honig Parfum ist präsenter als man denkt...